Archive for Mai, 2014

Österreich hat wieder eine Kaiserin!

Montag, Mai 12th, 2014

Irgendwie war es vorauszusehen, und irgendwie wieder nicht. Nach der Stimmung in der Halle zu urteilen, konnte es keinen Zweifel geben, dass Conchita Wurst den Sieg mit nach Hause und einigen beim ORF schlaflose Nächte bringen würde. Aber man wusste auch, dass in vielen Ländern, ein Mann in Frauenkleidern oder eine Frau mit Vollbart oder was auch immer „Abartiges das da ist“, unzumutbar für den Fernsehzuschauer und damit auch ungeeignet für die Berücksichtigung bei der Punktevergabe ist. Neben Weißrussland wollten auch Russland und die Ukraine, den Auftritt des österreichischen Travestiekünstlers verhindern. Um so überraschender, dass Österreich von den beiden letztgenannten Punkte erhalten hat. Man kann nur spekulieren, ob das daran lag, dass die russiche Gay Community die Gelegentheit genutzt hat, um gegen das Anti-Homo-Propaganda-Gesetz vorzugehen ohne Gefahr zu laufen, damit genau dagegen zu verstoßen. Ein Hilfeschrei, der in ganz Europe zu hören sein sollte.

Ganz Europa jubelt! Ganz Europa? Nein! Eine unbeugsame Gruppe Doofköppe schämt sich für den Sieg Österreichs. So zeigt es zumindest eine Online-Umfrage der Kronenzeitung (Österreischisches Pendant zur Bildzeitung). Ca. 75 % der Umfrageteilnehmer sind NICHT stolz darauf, dass Österreich den ESC mit Conchita Wurst gewonnen hat. Noch deutlicher sind die Kommentare, die von Schande und Entehrung sprechen, und das sind nur die harmloseren Aussagen.

Da inzwischen schon meine letzte Nacht in Kopenhagen weit fortgeschritten ist, möchte ich hier enden für diesen Tag. Weitere Eindrücke vom großen Finale und meine Abschlussbetrachtungen werden folgen. Dabei wird auch ein vernichtendes Urteil über dänisches Organisationstalent sein.

Love is in the air!

Samstag, Mai 10th, 2014

Nachdem ich die 31 der 37 Teilnehmer zum Teil bereits schon 4 mal gesehen hatte, war es endlich so weit und die Big 5 und das Gastgeberland griffen in das Geschehen ein. Gestern in der Generalprobe hatte ich Gelegenheit zu sehen, was das „gemeine Fernsehvolk“ heute Abend zu sehen bekommen wird. Zu viel möchte ich dazu nicht sagen, nur soviel, dass die Big  5 mit ihrer Bühnenshow nicht so richtig überzeugen konnten. Lag vielleicht auch daran, dass man die letzten Tage schon soviel zum Teil geniale Inszenierungen gesehen hatte, dass die Erwartungen entsprechend hoch sind. Unsere Elaizas haben ihr Bühnenbild noch kurz vor der Generalprobe komplett umgestellt, was in Expertenkreisen als weiser Schritt angesehen wird. Zu tief in die Kitschkiste gegriffen hat aber der kleine Amor aus Dänemark der sein Klischee-Liebeslied mit einem überdimensionalen „Love-Banner“ schmückt, damit auch der letzte blickt, worum es in diesem Song geht.

Ungeschlagene Königin der Herzen, zumindest in der Halle, ist nach wie vor Conchita Wurst. Deutschland hat ausgerechnet den eigentlich ganz guten Startplatz 12 bekommen, ist aber eingereiht von den 2 Diven aus Österreich und Schweden, die beide als Favoritinnen gehandelt werden.

Die Russinnen wurden wieder mit Buhrufen empfangen, aber diesmal nicht ganz so lautstark wie beim Semifinale. Man mag über Russland im Allgemeinen und den Song im Speziellen denken was man will, aber der Sportsgeist sollte bei so einem Wettbewerb die Oberhand behalten. Da lob ich mir doch die viel sympatischere Form des Protest, wie sie schon beim Halbfinale zum Einsatz kam. Statt mit russischen Fähnchen wurde da mit Regenbogenfähnchen in die Kameras gewunken.

Die Show wird alles in allem wieder spektakulär werden, bereits schon beim Opening das wohl Anleihen bei den olympischen Spielen genommen hat. Das Rahmenprogramm kommt stellenweise zwar etwas dröge daher, aber der Interval Act kurz vor der Punktevergabe ist so gigantisch, dass es sich unbedingt lohnt dran zu bleiben. Es wird einiges geboten für Auge und Ohr. Und im Gegensatz zu mir, der ich gestern in der ersten Reihe stand, lauft ihr nicht Gefahr, dabei nass zu werden. Wir wurden ja schon etwas nervös vorne im Publikum als man angefangen hatte Kameras und Kameramänner wasserdicht einzupacken. Wer bereits letztes Jahr seine Freude an flötenden und trommelnden Jungs hatte, kommt bei der Nummer mehr als voll auf seine Kosten. Also unbedingt schauen. Und morgen wissen wir dann endlich, wohin der ESC-Zirkus weiter zieht.

The Wiener takes it all!

Freitag, Mai 9th, 2014

Con-chi-ta, Con-chi-ta, Con-chi-ta … So schallte es gestern durch die Halle. Es war nicht zu überhören, wem gestern die meisten Sympatien galten. Egal, ob es ihrer Performance galt oder doch ein politisches Statement war, an sie kam in der Gunst der Zuschauer niemand ran in der Halle.

Kaum wurde kurz vor der geplanten Verkündung des Ergebnisses mitgeteilt, dass sich das noch etwas verzögert, kamen schon die Gerüchte auf, dass Weißrussland den österreichischen Beitrag nicht gezeigt haben soll und deshalb das Ergebniss zurückgehalten werden muss, um dies zu überprüfen. Das hätte nämlich eigentlich die Disqualifizierung des weißrussischen Beitrags nach sich ziehen müssen. Es wurde seitens der EBU prompt dementiert, dass dieses Gerücht der Grund für die Verzögerung bei der Ergebnissbekanntgabe gewesen sei. Na, dann wollen wir das mal glauben.

Die Schweiz hat es auch geschafft, was mich sehr freut. Und ich habe heute morgen die Gelegenheit genutzt, Sebastiano von Sebalter persönlich am Frühstücksbuffet zu gratulieren.

Ausgeschieden sind hingegen u.A. der zu Musik gewordene Drogenrausch aus Georgien, die knackigen Waden im Kilt aus Irland und die verschiedenen Herzen aus Israel. Bei letzterem tut es mir zwar um das Lied etwas Leid, aber die Israelis die in der Halle neben mir standen, haben mir während der Sendung unentwegt dermaßen ins Ohr gebrüllt, dass ich mir am Ende etwas Schadenfreude nicht verkneifen konnte. O.K., dafür kann die Sängerin nix.

So, jetzt geht es gleich wieder in die Halle zur Generalprobe für das große Finale morgen und dann werden wir mal sehen wie sich Elaiza so schlägt. Und Jacob werde ich auch wieder sehen. Jacob? Ihr erinnert Euch vielleicht noch an den dänischen Flötenschlumpf vom letzten Mal?

Damenbart und Pfeife!

Donnerstag, Mai 8th, 2014

Jetzt wird es ernst, mal wieder! Aber diesmal geht es um unsere direkten, südlichen Nachbarn. Österreich schickt einen singenden Damenbart in’s Rennen und die Schweiz die größte Pfeife die seit langem auf einer ESC-Bühne stand. Und beide Umschreibungen sind liebevoll und mit Anerkennung gemeint.

Gestern war Generalprobe und da konnte ich mir von beiden Auftritten ein Bild machen. Beide sind sie auf ihre Art grandios. Conchita Wurst schafft es mit minimalen Mitteln eine derartige Präsenz auf die Bühne zu zaubern, dass sich so manche echte Dame, eine Scheibe von abschneiden kann. Und Sebalter aus der Schweiz, mit ihrem Frontmann Sebastiano bieten im Gegensatz dazu alles auf, was Bühnen- und Pyrotechnik so zu bieten haben. Auch sie haben eine gewisse Bühnenpräsenz, weil sie im Laufen des Auftritts, überall auf der Bühne mal präsent sind. Dieses andere Extrem ist wohl die Antwort auf die Kritik vom letzten Jahr, als Takasa 3 Minuten wie festgewachsen auf der Stelle standen. Dieses Jahr sollte es eigentlich endlich mal wieder klappen mit dem Finaleinzug für die Schweiz. Habe ich eigentlich schon erwähnt, das Sebalter jeden Morgen mit mir frühstückt. O.K., das ist übertrieben. Aber zumindest sind wir im selben Raum beim frühstücken.

Nochmal zurück zu Conchita. Bei allem Geschwätz, dass der ESC politisch neutral sein muss. In diesem Fall ist mir das egal. Österreich muss in’s Finale. Nicht nur weil sie hervorragend singt, sondern auch, weil dann Russland gezwungen ist diese „abartige Person“ am Samstag im Fernsehen zu zeigen, was sie schon mit allerlei Mitteln zu verhindern versuchten. Also unbedingt heute anschauen und abstimmen. Ja, ihr habt richtig gelesen: Deutschland darf heute mit abstimmen! Also nutzt Eure Stimme.

Es lohnt sich auch noch aus anderen Gründen. Wer z.B. gerne Männer im Kilt und mit steppenden Waden sehen will oder eine Boyband, die Ihren Namen verdient und auch trampolinspringende DJs, der kommt heute auf seine Kosten.

Ach, und nochwas, Australien ist auch dabei. Was hat denn Australien beim EUROvison Song Contest verloren? Lasst Euch überraschen!

Heiser bis bewölkt!

Mittwoch, Mai 7th, 2014

Ich bin heiser! Nicht wegen des Wetters, auch wenn das alle Zutaten dafür bereit hält. Auch nicht wegen dem lautstarken Mitgegröle auf der After-Party in einer verrauchten Kneipe. Nein, ich bin heiser wegen San Marino. Ich war wohl einer der wenigen, die es San Marino zugetraut haben, dass sie den Sprung in’s Finale schaffen. Als dann gestern im Halbfinale verkündet wurde, dass es Valentina Monetta und Ralf Siegel tatsächlich geschafft haben, habe ich vor Freude rausgeschrien was ging. Drei Anläufe haben die beiden gebraucht und einige Andere davor noch um den Zwergstaat endlich in die große Finalshow am Samstag zu bekommen.

Für viele ebenfalls überraschend, dass es die fleischgewordene Regenbogenfahne aus Island ebensfalls in’s Finale geschafft hat. Vielleicht nicht der künstlerisch wertvollste Beitrag des Abends, aber der etwas verrückte Farbtupfer tut gut und auch die Tatsache, dass sich die Jungs von Polla Pönk selber nicht so ernst nehmen. Denn viele Beiträge sind so krampfhaft durchgestylt mit Turnern, Schlittschuhläufern, Artisten im Hamsterrad, Trapezkünstlern, dass die (Freude an der) Musik in den Hintergrund gerät.

Ansonsten gab es eigentlich keine größeren Überraschungen. Es freut mich das es Ungarn mit meinem persönlichen Favoriten „Running“ geschafft hat, Schweden nicht im Finale hätte jeden an der Rechtmässigkeit der Abstimmung zweifeln lassen und das Lettland ausgeschieden ist, finde ich sehr schade aber war zu erwarten. Und auch die wohl tuckigsten Tänzer des Wettbewerbs konnten die Schwächen des portugiesischen Beitrags nicht ausbügeln, auch wenn die Halle voll von Menschen war, die eigentlich mit dem Anblick schöner Männer zu beeindrucken sind.

Gestern wollte ich ja eigentlich von der Generalprobe berichten, hatte es aber nicht getan, um nicht zu viel vorweg zu nehmen. Und das war auch gut so, weil es lag noch einiges im Argen am Montagabend und mein Bericht wäre durchaus kritisch geworden, aber die 24 Stunden haben offensichtlich gereicht das meiste auszubügeln, so ist meine Kritik hinfällig geworden.

Heute Abend steht nun die Generalprobe für das 2. Halbfinale an. Das bedeutet auch, dass der Auftritt bereits über das Urteil der nationalen Jurys entscheidet. Da wollen wir doch z.B. Sebalter aus der Schweiz die Daumen drücken, die uns regelmässig im Hotel, z.B. beim Frühstück, über den Weg laufen.

Eurovision meets Industry!

Dienstag, Mai 6th, 2014

Es hat etwas unwirkliches. Da sitze ich im Hotelzimmer und kann aus dem 7. Stock rüber nach Malmö schauen, wo ich vor einem Jahr saß und über den ESC 2013 schrieb. Wäre das Wetter besser, würde man auch noch das Hotel vom letzten Jahr sehen.

Überhaupt wirkt so manches unwirklich in diesem Jahr. Mit dem Gedanken, dass der Eurovision Song Contest in einer ehemaligen Werfthalle stattfinden wird, musste man sich ja schon lange anfreunden und man war gespannt, wie sich das „anfühlt“. So bin ich denn in freudiger Erwartung gestern zur „Eurovision Island“ gefahren, auf dem nun das ganze Spektakel stattfindet. Wer jetzt aber bei „Eurovision Island“ an eine bunte, grüne Musikoase denkt, liegt mehr als weit daneben. Das Gebiet in dem der ESC stattfindet ist das, was es schon immer war, ein trostloses Industriegebiet. Auf dem provisorisch eingerichteten Bushalteplatz staubt es nur so, wenn die Busse an- und abfahren, dass man erst einmal ein paar zig Meter laufen muss, um überhaupt zu sehen, wo einen der Bus da ausgespuckt hat und ist beruhigt, wenn man dann eine der Ordnerinnen erspäht und sieht wo die Menschen hingeleitet werden. Nach einem kleinen Fussmarsch erreicht man dann das Objekt der Begierde und will doch nicht so richtig glauben, dass man da ist. Man hat den Eurovisions-Gästen eine Erlebnis-Welt um die Halle versprochen. Nach dem ersten ungläubigen Erstaunen, kann man den aus Übersee-Containern gebauten Bars und Ständen dann doch einen gewissen Charme zugestehen. Bis man dann auf die Reihe von Toilettenwagen stösst, die irgendwie nicht in das Bild einer Glamourveranstaltung wie dem Grand Prix passen will. Konsequent sind sie da die Dänen, was ein Werftgelände ist, soll halt auch danach aussehen.

Was ich dann in der Halle zu sehen bekam, darüber werde ich morgen berichten. Es war nämlich die Generalprobe des 1. Halbfinales, das heute Abend um 21:00 Uhr stattfindet. Ich möchte ja niemanden die Überraschungen nehmen, wenn er/sie es heute Abend im Fernsehen anschauen will.

 

En Mere Nat!

Sonntag, Mai 4th, 2014

Noch einmal schlafen, dann geht es los. Morgen früh mache ich mich auf den Weg Richtung Kopenhagen und gleich am ersten Tag erwartet mich am Abend die Generalprobe des 1. Halbfinales. Damit eröffne ich meinen ESC-Blog 2014. Ich melde mich wieder aus Kopenhagen. In diesem Sinne noch einen schönen Abend und eine gute Nacht.

Euer Alex